Theologie als Ressource des christlich-muslimischen Gesprächs
Vom Rektorat der Universität Wien im November 2006 als Forschungsprojekt mit "hohem Zukunftspotential" angenommen und gefördert.
Theologieloser Dialog. Der wachsende Anteil des Islams in der religiösen Landschaft Europas löst eine doppelte Reaktion aus: Abwehr im Kontext von Ausländerfeindlichkeit auf der einen, Bemühungen um Integration auf der Basis europäischer Menschenrechtsmaximen auf der anderen Seite. Beide Reaktionen klammern aber die theologische Dimension aus. Religion bzw. Theologie werden vielmehr grundsätzlich als Konfliktursache angesehen, die es zu beseitigen gelte, um der Aufklärung Platz zu schaffen. Dieses Verdikt trifft das Christentum ebenso und lässt Verständigungsversuche regelmäßig dort scheitern, wo es darauf ankäme, der Nähe, aber auch der deutlichen Differenz zweier Religionen in sachgerechter theologischer Reflexion auf den Grund zu gehen.
Österreichische Kompetenz. Muslime sind aus den ehemaligen Kolonien europäischer Staaten und als Gastarbeiter und Flüchtlinge nach Europa gekommen. Durch die europaweit früheste Anerkennung spielt der Islam in Österreich eine besondere Rolle. Das hat bis heute Auswirkungen in dem Bemühen um eine europagerechte Lebensgestalt dieser Religion. Das Projekt will diese Tradition aufgreifen und durch die Konzentration auf die Theologie vertiefen.
Das Ziel des Projektes besteht darin, die Unterschiede der Glaubensauffassung dort klarzustellen, wo sie wirklich vorliegen, so dass beide Religionen jenseits von Feindbildern oder romantischen Einheitsvorstellungen ihr je eigenes Profil zeigen können. Dazu gehören in der Folge auch die aus den theologischen Quellen erhobenen Voraussetzungen für Religionsfreiheit, Demokratie, Pluralismusfähigkeit und Gewaltverzicht. Erst dann lässt sich die Frage beantworten, was beide Religionen auf je ihre Weise zur Lebenskraft der europäischen Gesellschaft beizutragen vermögen. Das Ergebnis soll ein Handbuch mit allgemein verständlichem Profil beider Religionen auf wissenschaftlicher Grundlage sein, das die Begegnung von Christen und Muslimen ohne Ausklammerung der Religion ermöglicht. Die Texte werden von einer kleinen theologischen Expertengruppe erstellt, von einem Advisory Board mit Wissenschaftler/innen aus dem In- und Ausland begutachtet und gemeinsam diskutiert.
Publikationen
- Religiöse Bildung als Gewaltprävention?, in: Friedrich Schweitzer (Hg.), Religion, Politik und Gewalt (Dokumentation des XII. Europäischen Kongresses für Theologie, Berlin, September 2005), Gütersloh 2006, 158-171.
- Islam in Österreich. Realität - Entwicklungen - Zukunftsperspektiven, in: Grete Anzengruber/Elke Renner (Hg.), Religiöser Fundamentalismus. Informationen - Analysen, "Schulheft" 119/2005, Innsbruck-Wien-Bozen, 2005, 109-123.
- Liebe oder Krieg. Das Doppelgesicht der Religion, Wien: Picus, 2005.
- Religion als Treibstoff gewaltsamer Politik. Eine religionspsychologische Perspektive, in: Brigitta Rollett/Marion Herle/Ingrid Braunschmid (Hg.), Eingebettet ins Menschsein: Beispiel Religion, Aktuelle Studien zur religiösen Entwicklung, Bd. 3, Lengerich-Berlin u.a.: Pabst, 2004, 139-145.
- Zukunft der Religion - Sieben Thesen, in: Karl Acham (Hg.), Zeitdiagnosen 5: Die geistige Signatur des künftigen Europa (Dokumentation der Veranstaltungsreihe "Masterminds" im Rahmen von Graz - Kulturhauptstadt 2003), Wien: Passagen, 2004, 67-74.
- Islam in Austria. Between Integration Politics and Persisting Prejudices, in: W.A.R. Shadid/P.S. van Königsveld (Hg.): Intercultural Relations and Religious Authorities: Muslims in the European Union, Leuven [u.a.] 2002, 27-48.
- Derselbe Artikel, in: Günther Bischof/Anton Pelinka/Hermann Denz (Hg.), Religion in Austria, Contemporary Austrian Studies Vol. 13, New Brunswick (USA) - London: Transaction, Innsbruck 2005, 100-124.
- Herrschaft und Liebe, in: Werner Brändle/Gerhard Wegner (Hg.), Unverfügbare Gewißheit. Protestantische Wege zum Dialog mit den Religionen, Hannover 1997, 88-105 (zur EXPO 2000).
- Islam zwischen Selbstbild und Klischee. Eine Religion im österreichischen Schulbuch (Hg.), Köln-Wien 1995.
Summary
The growing segment of Muslims in Europe's religious landscape triggers a twofold reaction: rejection within a xenophobic context on the one side, efforts to integrate on the basis of human rights on the other. Both reactions, however, exclude the theological dimension. Religion and theology are rather seen as primary motivation for conflicts so that religion has to be eliminated in order to allow enlightenment to unfold. This stance prevents attempts at communication precisely where it would be important in order to investigate with appropriate theological reflection the closeness but also the decided differences of two religions. The project "Theology as Resource for the Christian-Muslim Dialogue" wants to examine where differences in the understanding of belief actually occur, so that both religions can show their respective profiles beyond hostilities and romanticized ideas of unity. The aims are: to correct misunderstandings and unrealistic ideas about both religions, to name the actual differences beyond cultural manifestations and thus to explore the ground for a constructive contribution to a shared Europe. The result is intended to be a handbook for a wider public on a scholarly basis.