Die hier präsentierten, weitgehend unveröffentlichten Predigten und Kasualansprachen Haendlers reichen vom Beginn des Ersten Weltkrieges über die Weimarer Republik, die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges bis in die Jahrzehnte unter der "Diktatur des Proletariats". Durch ihre Einbettung in das homiletische Œuvre Haendlers wird interessierten Leserinnen und Lesern ein einzigartiges Studien- und Forschungsmaterial zur Verfügung gestellt: Zwei von Haendler selbst arrangierte Predigtsammlungen (Teil I), eine Kollektion akademischer und Gemeindepredigten (Teil II) sowie Einblicke in seine homiletische Kasualpraxis und Andachtskultur (Teil III) dokumentieren den für zeitgenössische Predigten unentbehrlichen Zusammenhang zwischen theologischen Fragen, religiösen Erfahrungen und lebensweltlichen Herausforderungen.
"Der Weg ins Ungewisse, das Allein-Zurückbleiben, das Ringen mit dem Ungenannten, die nicht ablassende Bitte um den Segen und dann der getroste Weg ins neue Land können uns Wegweiser und Weghelfer werden. Gott erprobt uns wohl nie nur zur Probe, sozusagen rein als sonst zweckloses Examen, sondern immer mit dem bestimmten Ziel, dass wir des Lebens Herr werden. Denn wenn wir des Lebens Herr werden, erkennen wir es tiefer und können ihm seine heilenden und tröstenden, letztlich seine beglückenden Kräfte und Sinngehalte abnehmen."
Otto Haendler: Predigt vom 2. Mai 1948 mit Bezug auf 1. Mose 32,23-33
"Niemand wusste so genau wie Otto Haendler, dass Predigt eine Rede in der jeweiligen Gegenwart ist und dass so wenig wie das Evangelium ‚auch die Zeit nicht verraten werden darf‘."
Jürgen Ziemer: Predigen im Wirkungsfeld Otto Haendlers. Ein Nachwort, in: Wilfried Engemann (Hg.): Die Praktische Theologie Otto Haendlers, Spurensicherung eines Epochenwechsels, Leipzig 2017, 161 f., 162